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Dorfhotel-Architekt David Ritz im Interview

Interview mit Dorfhotel-Architekt David Ritz

David Ritz ist architekt und zuständig für den Umbau des Dorfhotels POORT A POORT. Im Interview sprach er mit uns über den Nutzen, die gestaltungsprinzipien und baulichen herausforderungen des künftigen dorfhotels poort a poort.

David Ritz (*1984) ist in Grengiols aufgewachsen, verheiratet und Vater von 3 Kindern. Nach dem Abschluss des Architekturstudiums an der ETH Zürich (MSc) und einigen Jahren in der «Üsserschwiiz», kehrte David in sein Heimatdorf Grengiols zurück. 2015 gründete er mit seinem Walliser Kommilitonen Thomas Summermatter das Atelier Summermatter Ritz und ist seither als selbstständiger Architekt tätig. Darüber hinaus ist David seit 2016 Mitglied der Arbeitsgruppe Dorfhotel Poort A Poort und hat Einsitz im Fachgremium Baukultur des Landschaftsparks Binntal. David verantwortet somit unter anderem die Planung und den Umbau des Dorfhotels. Er befasst sich zudem mit den raumwirksamen Tätigkeiten in seiner Wohngemeinde und der Region und ist Mitglied im Architektenkollektiv «Das Blaue Becken». 

STIFTUNG: Was hat dich dazu bewogen, nach einigen Jahren der Abwesenheit mit deiner Familie in dein Heimatdorf Grengiols zurückzukehren?


David: In Grengiols liegen meine Wurzeln und ich schätze die Bescheidenheit des Dorfes sehr. Für mich war immer klar, dass, wenn ich ins Wallis zurückkehre, ich mich dort niederlassen möchte, wo das Wallis am schönsten ist. Meiner Meinung nach sind das die kleinen historischen Dorfkerne mit ihrer beeindruckenden Bausubstanz, eingebettet in intakte Kultur- und Naturlandschaften. Glücklicherweise sind das Werte, die ich mit meiner Familie teile.

STIFTUNG: Würdest du etwas anders machen, wenn du mit dem Projektteam heute nochmals von vorne mit POORT A POORT beginnen könntest?


David: Eigentlich nicht wirklich viel, aber ich habe eine Menge dazugelernt. Da gibt es einiges, was ich in Zukunft schneller und ohne grosse Umwege erreichen werde. Dem Thema Kommunikation und Partizipation würde ich grössere Bedeutung beimessen. Es ist wichtig, dass die Einheimischen die Absichten und den Nutzen des Dorfhotels kennen. Es ist aber auch sehr schwierig, die Informationen an die Leute zu bringen.

STIFTUNG: Worin siehst du den größten Nutzen des künftigen Dorfhotels?


David: Ganz klar in der Belebung und Stärkung des Dorfkerns. Wir haben mit der Wiedereröffnung der Grängierstuba gesehen, wie sich die Atmosphäre auf dem Dorfplatz positiv verändert hat. Das Dorfhotel ist ein weiteres und wichtiges Puzzleteil, um das Zentrum zu beleben und zu stärken. Ein lebendiges Zentrum ist für ein Dorf von grosser Wichtigkeit. Dafür braucht es öffentliche Nutzungen wie den Konsum, die Bank, das Restaurant, das Gemeindebüro und gemeinschaftliche Aussenräume. Der Dorfplatz ist Ort der Identifikation und Ort des öffentlichen Lebens. Der Raum zwischen den Häusern gehört den Menschen, die hier leben. Das muss unbedingt ins Bewusstsein der Bevölkerung gelangen.

 

Daraus ergibt sich die Absicht, den öffentlichen Raum in Anspruch zu nehmen und Anforderungen an ihn zu stellen. Wie soll dieser Raum aussehen und wie wollen wir ihn nutzen? Das sind Fragen, die wir uns stellen müssen. Dient er lediglich dem Auto als Durchfahrtsstrasse, als Parkplatz oder kann er mehr? Kann er Ort der Begegnung, Ort der Gemeinschaft sein? Die soziale Komponente dieser Räume ist gerade in der heutigen Zeit, wo die Individualisierung weit fortgeschritten ist, von enormer Bedeutung. Wir brauchen Möglichkeiten zur Begegnung und zum Austausch, das ist die Grundlage der Gemeinschaft und damit der Demokratie. Im überschaubaren Rahmen, den unser kleines Dorf mit seiner bescheidenen Anzahl an Einwohnern stellt, sehe ich die idealen Voraussetzungen für eine lebendige Dorfgemeinschaft gegeben. Es braucht aber Massnahmen, die diese Möglichkeiten bietet. Mit dem Projekt «Siedlungserneuerung, Ortszentrum Grengiols» hat die Gemeinde sich eine gute Grundlage erarbeiten lassen. Die Aufwertung des öffentlichen Raumes und die Nutzung/Wiederbelebung der Häuser im Dorfkern sind prioritär. Vom Dorfhotel erwarte ich dabei eine entscheidende Prägung.


"Ganz klar in der Belebung und Stärkung des Dorfkerns. (...) Das Dorfhotel ist ein weiteres und wichtiges Puzzleteil, um das Zentrum zu beleben und zu stärken. (...) Der Dorfplatz ist Ort der Identifikation und Ort des öffentlichen Lebens. Der Raum zwischen den Häusern gehört den Menschen, die hier leben." - David Ritz


STIFTUNG: Als Architekt wirst du den Umbau des Hotels begleiten. Was macht dieses Projekt für dich so reizvoll?


David: Es gibt verschiedene Themen, die den Reiz ausmachen. Umbauen ist immer eine grosse und spannende Herausforderung, weil viel Unvorhersehbares auftaucht. Es braucht Improvisation und rollende Planung. Mir gefällt, dass man einiges über die Vergangenheit in Erfahrung bringt, nicht nur die baukulturelle Geschichte des betroffenen Hauses selbst, sondern auch über jene des Dorfes und der Art des früheren Zusammenlebens. Immer wieder staune ich über die handwerklichen Fähigkeiten und die Holzqualität. Man versucht das Gefundene einzuordnen und spekuliert darüber, wieso es gerade auf diese Art und Weise ausgeführt wurde. Das ist sehr interessant. Die Wahrheit bleibt uns verborgen, vor allem auch weil das Feuer von 1799 grosse Teile der Geschichte unzugänglich gemacht hat.

STIFTUNG: Worin liegen die grössten Herausforderungen des Umbaus?


David: Diese liegt wohl darin, dass wir nicht ein komplettes Gebäude umbauen können, sondern nur einzelne Geschosse, wobei die anderen bewohnt oder weitestgehend in Betrieb bleiben sollen. Das erfordert bauliche und organisatorische Massnahmen, aber auch einen guten Austausch und eine gute Zusammenarbeit mit den übrigen Nutzern. Hinzu kommt, dass die Wohnungen oberhalb in den letzten Jahren umgebaut wurden. Da braucht es erhöhte Aufmerksamkeit, damit keine Schäden entstehen.

 

Daneben stellen die niedrigen Raumhöhen und die akustischen Anforderungen die grössten Herausforderungen dar. Auch das Thema Brandschutz ist nicht einfach. Wir haben aber ein gutes Planungsteam zusammen, das die verschiedenen Fachgebiete abzudecken vermag.

STIFTUNG: Was bedeutet es für dich persönlich, dass mit den Bauarbeiten bald begonnen werden kann?


David: Das ist der Übergang vom Projekt zur Realität. Die ganze Arbeit, die bis anhin geleistet wurde, hat sich gelohnt. Das ist für mich natürlich eine grosse Freude, es ist aber auch eine gewisse Anspannung vorhanden, was der Umbau alles mit sich bringt, ist nicht vorhersehbar. Diese Ungewissheit ist nicht einfach, macht es aber auch spannend. 

STIFTUNG: Welche Gestaltungsprinzipien liegen dem Umbau zugrunde?


David: Der Umbau nimmt grosse Rücksicht auf den Bestand. Der Charakter des Gebäudes und der Räume soll bestehen bleiben. Die Einteilung der Hotelzimmer ist so definiert worden, dass möglichst wenig Eingriffe in die Struktur des Gebäudes notwendig sind. Man hat dann beispielsweise das Zimmer in der ehemaligen Stube und genau das soll man spüren. Raumdimension, Materialisierung, Ausgestaltung, die Art und Weise der Integration der Nasszellen und die Ausstattung, wie der sanierte Giltsteinofen, erzählen davon. Die Geschichte soll man erleben können. 


"Die Einteilung der Hotelzimmer ist so definiert worden, dass möglichst wenig Eingriffe in die Struktur des Gebäudes notwendig sind." - David Ritz


STIFTUNG: Stell dir vor, du könntest jetzt einen Raum des Hotels in umgebautem Zustand sehen und betreten. Welchen würdest du wählen und warum?


David: Das wäre dann wohl das Restaurant. Dies nicht primär wegen dem räumlichen Erlebnis, sondern viel mehr, weil ich gespannt bin, wie sich die Betriebsleitung das Restaurant aneignen wird und wie Dorfbewohner:innen und Gäste an diesem Ort zusammenkommen und die Stimmung im Raum prägen werden. Es wird für Menschen und im Dienst der Gemeinschaft gebaut. Dass die Räume dieser Aufgabe gerecht werden, ist von grösster Bedeutung. 

STIFTUNG: Was wirst du als erstes machen, wenn das Dorfhotel seine «POORT» öffnet?


David: Eigentlich möchte ich in jedem der Hotelzimmer eine Nacht verbringen, um die jeweiligen Atmosphären einzuatmen und das Raumerlebnis zu spüren und zu prüfen. Vielleicht stelle ich mich als Probegast vor der Eröffnung zur Verfügung. Dann werde ich bei der Eröffnung an den Stammtisch sitzen und mit dem Projektteam mindestens ein Ballon Wein trinken.

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